Die folgende Auswahl an Zitaten und Zusammenfassungen von Berichten internationaler und deutscher Medien, soll dazu dienen Menschen über die Lage von Geflüchteten in Libyen zu informieren. Neben Einschätzungen über das Ausmaß der Menschenrechtsverstöße, soll vor allem auch der Einfluss und die Beteiligung von europäischen und deutschen Politiker_Innen beleuchtet werden, die mit Maßnahmen zur Durchsetzung des europäischen Grenzregimes die momentane Situation erzeugt haben.
Am 29.01.2017 erscheint in der Welt am Sonntag ein längerer Artikel, in dem aus einem Bericht des Auswärtigen Amtes zitiert wird, darin ist die Rede von „allerschwerste[n], systematische[n] Menschenrechts- verletzungen gegen Flüchtlinge in Libyen.“ Berichte von Geflüchteten liegen zahlreichen NGOs und Supporter_innen schon länger vor. Die Welt am Sonntag konstatiert: „In dem Schreiben fassen zwei Diplomaten die Aussagen von Migranten zusammen, die aus Flüchtlingsgefängnissen im Nachbarland entkommen waren und nun in Aufnahmezentren der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Niger leben. Was die Migranten berichten, ist nicht unbedingt neu. Außergewöhnlich ist jedoch, wie drastisch die Situation nun offiziell für die höchste politische Ebene beschrieben wird.“. Der Artikel enthält des Weiteren einige Details zu den Ausmaßen der Situation vor Ort, so schreibt die Welt am Sonntag: „Authentische Handy-Fotos und Videos belegten “KZ-ähnliche Verhältnisse” in den Flüchtlingsgefängnissen. Folter, Vergewaltigungen und Exekutionen seien für jene „an der Tagesordnung“, die nicht genug zahlen könnten. „Wir sind weniger Wert als Hunde“, berichten ehemalige Insassen.
Wenige Tage danach veröffentlicht Tagesschau eine Recherche zur Kooperation der EU mit der libyschen Einheitsregierung. So soll auch weiterhin unter Zusammenarbeit mit der Einheitsregierung in Tripolis die libysche Küstenwache unterstützt werden und Geflüchtete auch vermehrt wieder nach Libyen zurückgeschickt werden. Natürlich beruft sich die EU darauf, besserer Bedingungen in Libyen schaffen zu wollen. Unter Bezug auf die chaotische Situation in Libyen und Berichte über massive Menschenrechtsverletzungen zitiert Tagesschau auch Kritiker_Innen. So kommt Arjan Hehenkamp im Artikel zu Wort, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen: „Dieser Plan ist entweder gefährlich naiv oder gefährlich zynisch“ und weiter heißt es im Artikel: „[Arjan Hehenkamp] sieht keinen Partner vor Ort, mit dem eine internationale Kooperation möglich wäre. Die Lage im Land sei völlig unübersichtlich und den einzelnen Akteuren sei nicht zu trauen.“.
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/libyen-fluechtlinge-111.html
Im Juni berichtet The Independent von den katastrophalen Zuständen und zieht vor allem die Linie zur internationalen Politik. So schreiben sie: “Smugglers and armed gangs have exploited lawlessness, since the UK and France led a military campaign to oust Muammar Gaddafi, to expand their ruthless trade, and it is frequently unclear whether squalid detention centres are run by officials, militias or both.”. Über die Rolle der EU heißt es des Weiteren in dem Artikel: “ Following a show of commitment at a summit attended by EU leaders in Malta in February, a €90m (£80m) programme to “reinforce protection and resilience of migrants, refugees and host communities in Libya” was adopted last month.
More than half of the funds are allocated to disembarkation points for migrants forced back by the Libyan coastguard, detention centres, healthcare, protection for vulnerable groups and 15,000 “voluntary humanitarian returns” to countries of origin.[…] Another €42m (£37m) is going to “socio-economic development” for Libya’s Government of National Accord (GNA), which is itself accused of working with smugglers and militias, as well as perpetrating abuse in detention centres including torture and murder.”
Im August berichtet dann die Tagesschau über einen Militäreinsatz den Italien zusammen mit Libyen ausgehandelt hat. Seitdem unterstützt Italien in Absprache mit Tripolis die libysche Küstenwache innerhalb des libyschen Hoheitsgewässers bei der „Bekämpfung von Schleppern.” Neben dem Hinweis, dass dies auch für andere europäische Länder in Verhandlung ist, berichtet Tagesschau auch über kritische Stimmen zur Mission: „Menschenrechtsorganisationen hatten einen möglichen italienischen Einsatz in Libyen im Vorfeld scharf kritisiert. Sie befürchten, Italien überlasse die Migranten einem schrecklichen Schicksal. In den libyschen Flüchtlingslagern seien Folter, Vergewaltigungen und Mord an der Tagesordnung.” Statt Schiffe zu senden, um Menschenleben zu retten und verzweifelten Migranten und Flüchtlingen Schutz zu geben, bereitet sich Italien darauf vor, Kriegsschiffe zu schicken, um diese zurückzudrängen”, sagte der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Amnesty International für Europa, John Dalhuisen. Die italienische Regierung verfolge eine “beschämende Strategie”. “
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/italien-libyen-101.html
Am 9.August veröffentlicht Oxfam auf ihrer Internetseite Ergebnisse einer Befragung von Geflüchteten in Sizilien, die über das Mittelmeer aus Libyen gekommen sind. In dem kurzen Artikel finden sich erschreckende Zahlen, so heißt es in dem Artikel: „158 Interviews mit 31 Frauen und 127 Männern, die Oxfam und Partnerorganisationen mit Geflüchteten in Sizilien geführt haben, zeichnen ein dramatisches Bild der Lage in Libyen: Nahezu alle befragten Frauen haben sexuelle Gewalt erlebt.[…] 74 Prozent der Geflüchteten sagten aus, Folter und/oder Mord an Reisegefährten beobachtet zu haben; 84 Prozent berichteten, selbst Opfer unmenschlicher und entwürdigender Behandlung wie körperlicher Gewalt oder Folter geworden zu sein.[…] 80 Prozent der Befragten gaben an, ihnen sei in Libyen regelmäßig Nahrung und Wasser verweigert worden.“
Auch Deutschlandfunk kritisiert die momentane Situation von Geflüchteten in Libyen und beleuchtet dabei vor allem die Rolle der lybischen Küstenwache und deren Übergriffe auf unabhängige NGOs. So enthält die Reportage folgende Zeilen: „Damit ist jetzt Schluss: Libyens Küstenwache erweiterte ihren Einsatz auch über die Zwölf-Meilen-Zone hinaus und sagte den Hilfsorganisationen in ihren Gewässern den Kampf an – das Schiff einer spanischen NGO wurde ernsthaft bedroht.[…] Doch der Deal, den Italien mit Libyen geschlossen hat, ist für Europa attraktiv. Im Prinzip beinhaltet er: Libyen wird finanziell und materiell unterstützt, dafür sammelt die libysche Küstenwache möglichst viele Flüchtlinge ein. Denn, so Ärzte ohne Grenzen: Retten europäische Hilfsorganisationen Flüchtlinge, können sie die Flüchtlinge laut internationalem Recht nicht nach Libyen zurückbringen, weil dort ihr Leben in Gefahr ist. Wenn die libysche Küstenwache allerdings die Flüchtlinge aufgreift, sieht das völlig anders aus. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration wurden allein in diesem Jahr schon 12.000 Menschen auf diesem Wege zurück nach Libyen gebracht.“
Auf netzpolitik.org erschien Anfang des Monats, am 9.10.2017, ein kritischer Kommentar, in welchem von einem Dokument über die Lage in libyschen Flüchtlingslagern die Rede ist, welches vom Auswärtigen Amt zurückgehalten wird. Neben einem allgemeinen Plädoyer für mehr Transparenz und Zurückhaltung in der Einschränkung des Informationsfreiheitsgesetzes, enthält der Artikel die Rechtfertigung des betreffenden Amtes. Dazu schreibt netzpolitik.org: „Die Berichte sind also politisch brisant, zumal die Europäische Union das libysche Regime finanziell und logistisch dabei unterstützt, Flüchtlinge vom Übersetzen nach Europa abzuhalten. Nach dem Willen des Auswärtigen Amts soll der Bericht jedoch geheim bleiben. Der Grund: Das Amt befürchtet bei einer Veröffentlichung des Berichts nach einer Anfrage per Informations-freiheitsgesetz „nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen“ zu den Machthabern in Libyen sowie der Regierung in Niger.“
Die Presseschau gibt es hier als PDF-Download.