Kommentar zu weiteren Verschärfungen im Asylrecht (am 10.01) und in der Bedrohung durch Abschiebung

Nach dem Anschlag in Berlin war in Deutschland jener mediale Aufschrei zu verfolgen, welcher nach jedem vermeintlichen Terrorakt die Öffentlichkeit “erschuettert”. Zuerst scheinbare Bestürzung und Empörung in der Presse. Rechtspopulistische, vor allem neu-rechte Gruppierungen ließen mit ihren menschenverachtenden Schmährufen nicht lange auf sich warten.
Doch auch in der Öffentlichkeit wandelte sich der Grundtonus schnell von Beileidsbekundungen mit den Opfern, hin zu rassistisch fundierten Verurteilungen und Diffamierungen aller, die wie der Täter einen Fluchthintergrund haben. Unmittelbar wurde wieder die Abgrenzung zwischen „uns“ und „denen“ laut, die sich auf chauvinistische Gegenüberstellungen von Zivilisation und Barbarei, von Freiheit und Terrorismus oder Aufklärung und Islam stützten.

 

Doch auch die politischen Reaktionen der Regierenden blieben nicht lange aus. Am Dienstag, den 10. Januar, einigten sich Innen- und Justizminister als scheinbare Reaktion auf den Anschlag von Berlin auf eine Reihe von Gesetzesverschärfungen. Elektronische Fußfesseln für als „Gefährder“ eingestufte Geflüchtete, Verlängerung und Erleichterung von Abschiebehaft,
Residenzpflicht (d.h. Verbot, ein bestimmtes Gebiet zu verlassen) und verschärfte Auflagen für Menschen, die falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht haben sollen, gehören dazu. Die innere Sicherheit soll wieder hergestellt werden.
Ein Gesetz, dass bereits seit Oktober 2016 zur Diskussion stand und nun (geradezu “endlich”) eine Legitimation gegenüber der ‘demokratischen Masse’ gefunden hat.

 

 Außerdem hat die Bundesregierung heute beschlossen, dass ab März wieder zur alten Dublin-Praxis zurückgekehrt werden soll. Das bedeutet, dass Geflüchtete Menschen in Deutschland nach Griechenland, das Land ihrer EU-Ersteinreise,abgeschoben werden. Davon wurde die letzten Jahre über aufgrund der menschenunwürdigen und zweifellos lebensgefährlichen Zustände in griechischen Geflüchtetenunterkünften (sofern man Zeltlager ohne ausreichende Grundversorgung im Winter als Unterkünfte bezeichnen kann)abgesehen. Wer sich fragt weswegen dennoch seit mehr als 20 Jahren ununterbrochen nach Serbien und Ungarn abgeschoben wird muss auf die wirtschaftliche Abhängigkeit Griechenlands einerseits, vor allem jedoch auf die mediale Aufmerksamkeit blicken, die der griechischen Grenze besonders seit Idomeni zu kam.

 

An den Zuständen dort, als auch der Interessenverteilung hat sich nichts geändert,keinerlei Besserung auf den griechischen Inseln ist in Sicht. Weder in Orbans Ungarn noch auf den griechischen Inseln. Dennoch soll nun mehr politischer Druck u.a. auf die griechische Regierung aufgebaut werden – auf Kosten der geflüchteten Menschen. Wir betrachten dies als einen weiteren Schritt in Richtung Re-Etablierung des europäischen Abschiebesystems Dublin und Vorbereitung seiner Reformierung in Form von Dublin 4.

 

Die neue Präsidentin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Jutta Cordt, steht für eine striktere Abschiebepolitik und fordert, ab sofort Asylverfahren neu aufzurollen, sobald angeblich sicherheitsrelevante Informationen bzgl. einzelner Personen im Raum stehen. D.h.: Wird ein Verdacht geäußert, werden auch Asylgenehmigung und Bleiberecht Geflüchteter Menschen neu überdacht und ggf. revidiert.

 

Dass irgendwann mal irgendwer etwas von der Unantastbarkeit irgendeiner Menschenwürde in unser Grundgesetz gekritzelt hat, scheint längst vergessen. Mit den ersten Abschiebungen nach Afghanistan hat sich die Bundesregierung auch von den allerletzten traurigen Überresten eines angeblich vorhandenen Rechtes auf Asyl verabschiedet.

 

[Dies soll keine Berufung auf das bürgerliche Gesetzbuch und jene oft proklamierte Rechtsstaatlichkeit sein. Denn es sollte greifbar, wenn auch nicht offensichtlich sein, dass unser angeblich demokratisches System schon längst nicht einmal mehr seinen eigenen Minimalansprüchen genügt. Insbesondere dann nicht wenn die sozial Komponente der Verantwortlichkeit eines Staates gefragt ist.]

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Kommentare und Bildergallerie zur Blockade der Karl-Liebknecht-Strasse (Leipzig) am 10.12.16

Solidarische Menschen wollten Grenzen in den Alltag und damit in das Bewusstsein jener bringen, welche für den Aufbau der Zäune und die Verabschiedung diskriminierender Gesetze mitverantwortlich sind. Ausgrenzung erkennen und dagegen konsequent zusammenhalten!

An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle Beteiligten* der Aktion und die Solidarisierung mit der inEUmanity-Kampagne. Lieben Dank auch für die Bilder, welche uns im Nachhinein erreicht haben:

Die Bilder sind jeweils an die 13mb groß. ‘Linke Doppelmoral’ bezieht sich auf den Text von ‘Natalie‘ der Band …But Alive

 

Von ‘Leipzig Fernsehen‘ gibt es einen kurzen Vide-Clip:

Auf Twitter erst wenig Reaktion, dann:

 

Die wahrscheinlich kunstvollsten Bilder des Tages finden sich auf der flickr-Seite von Tim Wagner

 “10.12.2016 – Straßenblockade gegen die Abschiebung”:

 

Dublin IV: Abriss zur Notwendigkeit des Verhinderns [de]

Dieses Abkommen bedeutet eine neue qualitative Stufe der Einschränkung von Geflüchtetenrechten, und somit von Menschenrechten. Gleichzeitig werden die schon langfristig in der Logik des Dublin-Systems angelegten Mechanismen der Repression und Abwertung von Menschen weiter zugespitzt. Das sogenannte Verursacherprinzip auf dem ganz grundlegend die Bestimmung der Zuständigkeit für Asylverfahren innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU verläuft besagt, dass der Staat welcher für die Einreise eines Schutzsuchenden verantwortlich ist, auch für dessen Unterbringung und die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Zuständigkeit entsteht also zum einen durch das erteilen eines Einreisevisa oder aber durch das „Zulassen eines Illegalen Grenzübertritts“. Diese sogenannte Ersteinreiseverantwortlichkeit enthält schon in ihrer Grundlogik eine Legitimierung der Abschottungspolitik und Militarisierung der Grenzen, wie sie im Moment von allen europäischen Grenzstaaten betrieben wird. Eine neue Stufe dieser Entwicklung wird durch die in Dublin IV vorgesehene Zulässigkeitsprüfung erreicht. Diese nunmehr zwingend vorgesehene Zuständigkeitsprüfung soll durchgeführt werden um festzustellen ob eine schutzsuchende Person überhaupt Zugang sowohl zum Dublin-Verfahren als auch zum tatsächlichen Asylverfahren erhält. Innerhalb dieser Prozedur wird in einem Schnellverfahren zum einen die Herkunft aus einem sicheren Staat geprüft, ob die Person eine Gefährdung für Ordnung und Sicherheit darstellt und ob sie die EU über einen sicheren Drittstaat erreicht hat. Offensichtlich ist das diese Regelung eine direkte Reaktion auf den EU-Türkei Deal ist und außerdem auch die Weichen stellt für Rückübernahmeabkommen mit anderen an die EU grenzende Staaten. Generell wird innerhalb dieses Verfahrens keine Prüfung individueller Fluchtgründe stattfinden. Inwiefern Geflüchtete innerhalb der „sicheren Drittstaaten“ die Chance auf faire Verfahren, menschenwürdige Lebensbedingungen und die Sicherheit vor Abschiebung in ihre Herkunftsländer haben, wird wie das Beispiel der Türkei zeigt nur wenig beachtet (siehe ProAsyl)

 

Es ist wichtig Dublin IV auch für die Zukunft in Zusammenhang zu bewerten mit dem insbesondere von Deutschland betriebenen Integrationsprozess vieler afrikanischer Staaten in die Aufrechterhaltung des europäischen Grenzregimes. Dieses Vorgehen hebelt das Recht auf Asyl aus und zeigt wie die europäische Union Verantwortung auslagert auf Kosten von Schutzsuchenden. Während also an den Außengrenzen weiter aufgerüstet wird, konzentrieren sich die restlichen Veränderungen des Entwurfes vor allem auf die noch schärfere Durchsetzung der Dublin-Regeln und die Ergänzung dieser durch einen Korrekturmechanismus. Zum einen wird über die Abschaffung einiger Sonderrechte von minderjährigen Geflüchteten und die Erweiterung der Auswirkungen der Dublin Verordnung auf schon anerkannte Geflüchtete, der von Dublin-Abschiebungen bedrohte Personenkreis massiv erweitert. Zum anderen beziehen sich zahlreiche Regelungen auf die Sanktionierung von Sekundärmigration. So werden Anrechte auf materielle Leistungen außerhalb des zuständigen Mitgliedsstaates abgeschafft und somit Geflüchtete ohne jegliche Existenzsicherung im Stich gelassen. Des Weiteren wird ein bereits gestellter Asylantrag nach Rücküberstellung in den nach Dublin zuständigen Mitgliedsstaat nur noch als Folgeantrag bewertet und somit findet keine individuelle Prüfung auf Fluchtursachen mehr statt und auch eine Familienzusammenführung außerhalb dieses Mitgliedsstaates ist nicht mehr möglich. Innerhalb dieses Systems wird also das Recht auf Asyl eingeschränkt um Schutzsuchende zu bestrafen sollten sie sich den durch die EU diktierten Regeln widersetzen. Mit der Abschaffung von Fristen innerhalb der Dublin IV Verfahren und der weitreichenden Einschränkung des Selbsteintrittsrechts werden auch letzte Spielräume der Mitgliedsstaaten für humanitäre Entscheidungen abgeschafft. Letze verbleibende Notlösungen wie Kirchenasyl oder die Aufnahme von Schutzsuchenden durch ihren momentanen Aufenthaltsstaat auf Grund von besonders unmenschlichen Bedingungen in ihren zuständigen Mitgliedsstaaten werden dadurch unmöglich gemacht. Seine Fortsetzung innerhalb dieses Gesetzes findet auch das Umherschieben von Menschen ohne Anerkennung ihrer individuellen Beweggründe und Bewegungsfreiheiten. Zum einen legalisiert Dublin IV das Zurückschieben von Schutzsuchenden im Falle einer „irrtümlichen“ Abschiebung zum anderen wird über den Korrekturmechanismus eine Art Umverteilung beschlossen, welche bei einer 150% Auslastung der Kapazitäten eines Mitgliedsstaates dazu führt, dass Geflüchtete umverteilt werden in einen anderen nicht ausgelasteten Mitgliedsstaat. Sollte ein Mitgliedsstaat die Aufnahme verweigern muss er an den für die Zuständigkeit einspringenden Mitgliedsstaat 250 000 Euro bezahlen. In voller Deutlichkeit beweist auch dieser Mechanismus wie Menschen innerhalb des Gemeinsamen europäischen Asylsystems hin und her bewegt werden wie Waren und somit ihre Rechte auf Selbstbestimmung und Bewegungsfreiheit systematisch verletzt werden. Generell ist der Gesetzesentwurf passend bewertet worden von dem Europarechtler Steve Peers, welcher die Entwicklungen eine „Orbanisierung der europäischen Asylpolitik“ nannte und sie zusammenfasst mit den Worten: „die Abweisung im Wesentlichen aller Asylsuchenden an den Außengrenzen, einhergehend mit ihrer möglichst brutalen Behandlung, um so das Schengensystem der offenen Grenzen nach innen zu erhalten.“ [http://eulawanalysis.blogspot.de/2016/05/the-orbanisation-of-eu-asylum-law.html] Es setzt einen Prozess der europäischen Abschottung fort, welcher Menschen nicht nur ihre Bewegungsfreiheit aberkennt, sondern sie dazu zwingt, immer gefährlichere Fluchtrouten zu wählen und damit ihr Leben zu riskieren. Es wird so der Tod tausender Menschen in Kauf genommen. Wer es irgendwie dennoch nach Europa schafft wird entweder von Staat zu Staat geschoben, verbleibt in unmenschlichen Zuständen oder befindet sich im ungünstigen Falle ohne Zuständigkeit und erhält keinerlei faires Asylverfahren. Werden dann in der Begründung für das Gesetz noch Worte wie Solidarität und gerechte Verteilung der Verantwortung als Begründung angeführt, so ist dies nur noch als zynisch zu verstehen. Ein solidarischer Umgang mit Geflüchteten wird ganz grundlegend durch die Dublin-Regelungen verhindert. Klar geht aus dem Entwurf hervor, dass dessen Ziel in keiner Weise ist, etwas gegen das gegenwärtige Leid zu unternehmen, sondern im Gegenteil dessen Existenzgrundlage zu sichern und zu rechtfertigen.

 

 

 

fist

 

Call-out for networking [en]

Context: Dublin IV

The Dublin system has been subject to massive criticism as it is trying to restrict the freedom of movement of the people seeking asylum in the European Union even more. With every new regulation, basic rights were restricted further, people fell victim of politics of European states and of a structurally racist system – a process which went hand in hand with partly safeguarding the external borders and the tightening of asylum rights in the member states and in that way undermined fundamentals rights for protection in favor of the capital structure of the EU. Now, a new regulation should follow the Dublin III regulation which has often been presented as ‘inefficient’ and ‘unfair’: Dublin IV. See the publication of the German asylum rights organization ProAsyl, link further down. Key elements are more consistent deportations, the restriction of family reunions and of the special protection of minors as well as attempts to remove the permanent right to stay for refugees as well as stricter sanctions for illegalized movement.

Hereby, it does not seem to matter for the decision makers that remaining humanitarian flexibilities and international human rights are undermined. You can find details and further information here:

https://www.proasyl.de/material/the-planned-reform-of-the-dublin-system-humanitarian-flexibilities-are-to-be-removed/

This regulation is a new level in the restriction of refugee rights and thus also of human rights. The process of European isolation is being continued, where humans not only are denied their freedom of movement but also are forced to choose increasingly dangerous routes and to risk their lives. The death of thousands of people is accepted. Those who still make it to Europe somehow or those who do not even try to get here, remain in inhumane conditions. It is clear to us that the aim of this regulation is in no way to take action against the current suffering but on the contrary to safeguard and justify its existence.

inEUmanity

In the face of a constant tightening like Dublin IV, a plenum was evolved which focusses on the European politics of exclusion. One of our central questions is: How can we react to Dublin IV in a sustainable way? In order to answer this question, it is necessary not to treat the new regulation as an isolated law. Dublin IV should rather be seen in the context of economic interests and domestic political motives of the member states. The closure of borders, the tightening of asylum rights and the criminalization of migration are a response to the call of right-wing populists; at the same time, the focus of public attention is directed to a specifically constructed concept of an enemy in the interest of the state. At the same time, borders far away from Europe are reinforced with the help of treaties and alleged reconstruction aid in order to prevent emigration already at the departure point – by what means does not seem to matter at all.

It has long been clear: Refugees do not get support – and if they do only in order to keep down the number of dead. Structural restrictions and oppression are the answer to the desire for perspectives – perspectives which were taken away and destroyed elsewhere not least through European intervention, European economic interests, postcolonialism, Western power politics. And one thing is sure: It has not started with Dublin IV and it will by no means end here.

From the need to react, a campaign has been formed with the aim to inform and to gain the public attention through actions.

We want to create public pressure on a long term by providing and preparing information for different contexts to reach and inspire people with different political knowledge and views. We want to create links and confront Dublin IV as an expression of a complex system and not allow the actual decision making eat our invested energy.

Hereby, the campaign wants to remain open for different approaches: Exerting pressure on EU-delegates and parties, working out texts about the intersection between different patterns of oppression and their mechanisms (to deconstruct right-wing populist propaganda) or to directly denounce borders between nations and within our society.

‘inEUmanity’, the slogan of the campaign, is a denunciation of the structural degradation of humans to unwanted objects who are exposed to structurally racist institutions and the fence which is being built in order to safeguard the privileges of the so-called first world.

One slogan and similar designs used by many can contribute to the strengthening of the visibility of our campaign. Many different things can be part of the campaign as long as the understanding outlined above is shared and as long as the campaign is not used for the instrumentalization of the interests of organizations (e.g. parties).

Additionally, a common campaign with clear communication channels has the potential that already finalized leaflets, posters or ideas for actions can be shared or at least taken as a basis for further work. Currently, we communicate via email lists and working groups are organized via online boards. In these websites, we also store information and materials.

Through open internal networking, the common actions against Dublin IV can more easily be supported by groups or individuals with small capacities or a focus towards other topics so we can raise as much attention as possible at many different places. //

 

We would be very happy if you could support our campaign!

… by participating in the working groups and actively contributing to the formulation of texts, the designing of leaflets or the planning of actions.

… by criticizing, proofreading, translating.

… by coordination actions (together in one city or many small action at different places).

… by printing and distributing leaflets and posters.

… by mobilizing, passing on information and sharing news about the campaign in your channels.

… by spreading this message in your networks.

And money is always tight as well…

 

Also, you are very welcome at the upcoming plena with the group active in Leipzig.

You can also just come by to present your ideas about the campaign and to talk about further options for networking!

In case you want to stay informed and maybe want to participate directly, please subscribe to our email list:

> https://lists.riseup.net/www/ineumanity

> ineumanity@lists.riseup.net

or write to us directly:

> ineumanity@riseup.net

[The blog is under construction.]

1 We do not see ourselves as a determined campaign but rather as an open working group. We want to give an impetus to lower the hurdles to become active against Dublin IV.

We do not regard any materials or texts as intellectual properties.

Vernetzungsaufruf [de]

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Kontext: Dublin IV

Massiver Kritik unterworfen wurde das Dublin-System, welches versucht, die Bewegungsfreiheit asylsuchender Menschen in der europaeischen Union weiter einzuschraenken. Mit jeder neuen Verordnung wurden Grundrechte weiter eingeschraenkt, Menschen zunehmend die ungewollten Spielbaelle europaeischer Staaten und einem strukturell rassistischen System unterworfen – ein Prozess, der Hand in Hand mit der teils militarisierten Sicherung der Auszengrenzen und Asylrechtsverschaerfungen der Einzelstaaten einherging und so fundamentale Schutzrechte zum Vorteil der Kapitalstruktur EU aushoelten. Der als ‘ineffizient’ und ‘ungerecht’ dargestellten Dublin-III-Verordnung soll nun eine neue Verordnung folgen: Dublin IV. Dies geht aus einer Veroeffentlichung von ProAsyl hervor. Zentrale Elemente sind konsequentere Abschiebung, die Einschraenkung des Familiennachzugs und des besonderen Schutzes von Minderjeahrigen, sowie Bestrebungen zur Aufhebung des dauerhaften Bleiberechts fuer anerkannte Gefluechtete, als auch die haertere Sanktionierung von illegalisiertem Weiterreisen. Dass dabei verbliebene humanitaere Spielraeume abgeschafft und internationales Menschenrecht unterwandert werden, scheint fuer die EntscheidungstraegerInnen dabei nicht von Belang zu sein.

Details und weiterfuehrende Informationen sind u.a. hier zu finden:

https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/Stellungnahme_Dublin-IV-PRO-ASYL.pdf

Dieses Abkommen bedeutet eine neue qualitative Stufe der Einschraenkung von Gefluechtetenrechten, und somit von Menschenrechten. Es setzt einen Prozess der europaeischen Abschottung fort, welcher Menschen nicht nur ihre Bewegungsfreiheit aberkennt, sondern sie dazu zwingt, immer gefaehrlichere Fluchtrouten zu waehlen und damit ihr Leben zu riskieren. Es wird somit der Tod tausender Menschen in Kauf genommen. Wer es irgendwie dennoch nach Europa schafft oder sich gar nicht erst auf den Weg macht, verbleibt in unmenschlichen Zustaenden. Klar geht fuer uns aus dem Abkommen hervor, dass dessen Ziel in keiner Weise ist, etwas gegen das gegenwaertige Leid zu unternehmen, sondern im Gegenteil dessen Existenzgrundlage zu sichern und zu rechtfertigen.

inEUmanity

Im Angesicht stetig aufeinander folgender Verschaerfung wie Dublin IV hat sich ein Plenum herausgebildet, welches sich intensiver mit der europaeischen Ausgrenzungspolitik befasst.

Als zentrale Frage stellt sich: Wie koennen wir nachhaltig auf Dublin IV reagieren?

Jeder moeglichen Antwort unterliegt die Notwendigkeit, die neue Verordnung nicht als isolierten Rechtsbestand zu sehen. Vielmehr muss Dublin IV im Zeichen wirtschaftlicher Interessen und innenpolitischen Kalkuels der Einzelstaaten gesehen werden. So wird mit Grenzschlieszungen, Asylrechtsverschaerfungen und der Kriminalisierung von Migration auf rechtspopulistische Forderungen eingegangen; zugleich wird der oeffentliche Fokus in staatlichem Interesse auf ein eigens konstruiertes Feindbild gelenkt.

Gleichzeitig werden Grenzen mittels Vertraegen und angeblicher Aufbauhilfe schon fernab Europas gestaerkt, um Emigration bereits am Startpunkt zu unterbinden – die dabei geweahlten Mittel scheinen irrelevant.

Laengst ist klar: Gefluechtete werden nicht unterstuetzt – und wenn ueberhaupt, dann nur, um die Zahl der Toten klein zu halten. Strukturelle Einschraenkung und Unterdrueckung sind die Antwort auf das Verlangen nach Perspektiven – Perspektiven, welche nicht zuletzt durch europaeische Einmischung, europaeische Wirtschaftsinteressen, Postkolonialismus, westliche Machtpolitik an anderer Stelle genommen, zerstoert wurden.

Und sicher ist: Es hat nicht mit Dublin IV begonnen und wird auf keinen Fall hier enden.

Aus der Notwendigkeit zu reagieren hat sich, mit dem Ziel zu informieren und zusaetzlich durch Aktionen oeffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen, eine Kampagne1 gebildet.

Wir moechten nachhaltigen oeffentlichen Druck schaffen, indem wir Informationen fuer verschiedene Kontexte aufbereiten, um Menschen in ihrem jeweiligen politischen Horizont zu erreichen und anzuregen.

Wir moechten Anknuepfungspunkte schaffen, um Dublin IV als Ausdruck eines komplexen Systems entgegenzutreten und unsere investierte Energie nicht von der tatsaechlichen Beschlussfassung fressen zu lassen.

Die Kampagne moechte dabei fuer unterschiedliche Ansaetze offenbleiben:

Ob Druck auf EU-Abgeordnete und Parteien, die textliche Herausarbeitung von Schnittpunkten verschiedener Unterdrueckungsmuster und deren Mechanismen (um rechtspopulistische Propaganda zu dekonstruieren), oder die direkte Anklage von Grenzen, zwischen Nationen und zwischen uns als Gesellschaft.

‘inEUmanity’, der Slogan der Kampagne, eine Anklage der strukturellen Degradierung von Menschen zu ungewollten Objekten, welche der Willkuer strukturell rassistischer Institutionen ausgesetzt sind auf der einen Seite, und den Zaun, welcher auf der Anderen erbaut wird, um die Privilegien der angeblich ersten Welt zu sichern.

Ein von vielen Seiten genutzter Slogan und aneinander angelehntes Design koennen zur Staerkung der wahrgenommen Presaenz unserer Kampagne beitragen. Was darunter faellt, kann sich unterscheiden, sofern das oben skizzierte Verstaendnis geteilt wird und keine Instrumentalisierung fuer eigene Interessen von Organisationen (bspw. Parteien) stattfindet.

Zudem bietet eine gemeinsame Kampagne, die ueber klare Kommunikationswege verfuegt, die Moeglichkeit, dass bereits fertige Flyer, Plakate oder auch Aktionsideen uebernommen oder zumindest als Arbeitsgrundlage verwendet werden koennen. Derzeit kommunizieren wir ueber E-Mail-Listen und Arbeitsgruppen organisieren sich ueber Online-Boards. Auf solchen Websites finden sich auch Informationen und Materialien.

Durch offene interne Vernetzung kann die gemeinsame Aktion gegen Dublin IV auch von Gruppen und Einzelpersonen mit wenig Kapazitaeten oder anders gerichteter Fokussierung einfacher mitgetragen werden, um Aufmerksamkeit in groszem Umfang an moeglichst vielen Orten zu schaffen.

Wir wuerden uns sehr freuen, wenn ihr uns dabei unterstuetzen koennt!

… wenn ihr euch in die Arbeitsgruppen einbringt und aktiv an der Ausformulierung von Texten, dem Design von Flyern oder auch an der Planung von Aktionen mitwirkt.

… kritisiert, korrigiert, uebersetzt.

… Aktionen mit koordiniert (gemeinsam in einer Stadt oder viele kleine Aktionen an unterschiedlichen Orten).

… Flyer und Plakate druckt und verteilt.

… mobilisiert, Informationen weiterleitet und neues von der Kampagne ueber eure Kanaele verbreitet.

… diese Nachricht in eure jeweiligen Kreise weiterleitet.

Und Finanzen sind eigentlich auch immer knapp…

Zudem seid ihr herzlich zu den kommenden Plena der in Leipzig agierenden Gruppe eingeladen…

Und wir koennen auch gerne bei euch vorbeischauen, um die Ideen der Kampagne direkt vorzustellen und ueber Moeglichkeiten der Vernetzung zu sprechen!

Falls ihr weiter informiert bleiben und euch vielleicht direkt einbringen moechtet, tragt euch bitte in die E-Mail-Liste ein:

> https://lists.riseup.net/www/ineumanity

> ineumanity@lists.riseup.net

oder schreibt uns direkt:

> ineumanity@riseup.net

1 Wir verstehen uns weniger als festgelegte Kampagne, sondern als offene Arbeitsgruppe. Wir moechten Impulse geben, um dadurch Huerden zu senken, gegen Dublin IV in Aktion zu treten.

Saemtliche Materialien und Texte sehen wir nicht als geistiges Eigentum.